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Recht

Chancen für Diesel-Verbraucher enorm gestiegen
EuGH-Generalanwalt widerspricht im Thermofenster-Streit dem BGH

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Quelle: www.dr-stoll-kollegen.de

02.06.2022 Text gekürzt 
 

Am Europäischen Gerichtshof (EuGH) bahnt sich im Diesel-Abgasskandal eine schwere Niederlage für den Bundesgerichtshof (BGH) und die Autoindustrie an. In seinen Schlussanträgen in einem Daimler-Verfahren verdeutlicht der EuGH-Generalanwalt Athanasios Rantos am 2. Juni 2022, dass Verbraucher Anspruch auf Schadensersatz haben, wenn in ihren Fahrzeugen ein sogenanntes Thermofenster verbaut ist (Az. C 100/21). Ein Thermofenster stellt aus EuGH-Sicht eine unzulässige Abschalteinrichtung dar, die die Abgasreinigung aufgrund der Außentemperatur regelt – sprich abschaltet.

Der Generalanwalt widerspricht mit seinen Anträgen der bisherigen Rechtsprechung des BGH. Aus Sicht der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer steigen damit die Chancen der Verbraucher, vor Gericht Ansprüche gegen die Fahrzeughersteller wie Daimler, VW, BMW, Opel oder Fiat durchzusetzen. Denn in der Regel folgt der EuGH den Schlussanträgen des Generalanwalts. Und dann muss der BGH seine Rechtsprechung anpassen. 

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Schlussanträge sind Niederlagen für BGH und Autoindustrie

Die juristische Aufarbeitung im Diesel-Abgasskandal der Autoindustrie ist mittlerweile weit fortgeschritten. Gerade mit den unzähligen Urteilen zum Skandal um den VW-Motor EA189 war der Eindruck entstanden, dass die Autoindustrie Dieselgate hinter sich gelassen hat. Doch der Eindruck täuscht, wie jetzt der EuGH-Generalanwalt erneut eindrucksvoll unterstreicht.

Mit dem sich anbahnenden Urteil zum Thermofenster steigen die Chancen der Verbraucher enorm, vor Gericht Schadensersatz von VW, Mercedes, BMW, Opel und Fiat zu erstreiten. Die Fahrzeughersteller sollen in ihren Fahrzeugen mit unterschiedlichen Abschalteinrichtungen die Abgasreinigung so manipulieren, dass die gesetzlich vorgeschriebenen Abgasgrenzwerte nur auf dem Prüfstand eingehalten werden und nicht im realen Straßenbetrieb. Bei einer der Abschalteinrichtung handelt es sich um das Thermofenster, das die Abgasanlage über die Außentemperatur des Fahrzeuges steuert – sprich abschaltet.
 

Thermofenster führt nun doch zu deliktischer Haftung

Im vorliegenden Fall wollte das Landgericht Ravensburg vom EuGH darüber Auskunft haben, „ob das Unionsrecht dem individuellen Erwerber eines Fahrzeugs, das mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet ist, einen Ersatzanspruch aufgrund deliktischer Haftung gegen den Fahrzeughersteller einräumt, und zwar auch bei einfacher Fahrlässigkeit.“ Nach deutscher Rechtsprechung setzt eine solche Haftung voraus, „dass die Unionsregelung über die EG-Typgenehmigung, nach der solche Abschalteinrichtungen verboten sind, auch darauf abzielt, die Interessen eines individuellen Erwerbers zu schützen“. Diesen sogenannten „Drittschutz“ hat der Bundesgerichtshof bisher nicht gesehen. Daher hat er bisher in Verfahren, die ein Thermofenster zum Gegenstand hatten, eine deliktische Haftung aufgrund vorsätzlicher und sittenwidriger Schädigung nach §826 BGB abgelehnt. Das oberste deutsche Gericht sah in dem Vorhandensein dieser Abschalteinrichtung keinen Vorsatz. Kläger, so der BGH, müssten schon nachweisen, ob die Hersteller bei der Typgenehmigung dem Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) den Einbau des Thermofensters verschweigen haben.
 

EuGH-Generalanwalt erteilt BGH-Sichtweise eine Absage

Der EuGH-Generalanwalt erteilte am 2. Juni 2022 dieser Sichtweise eine Absage. Die Unionsregelung über die EG-Typgenehmigung schütze die Interessen eines individuellen Erwerbers eines Fahrzeugs, insbesondere das Interesse, kein Fahrzeug mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung zu erwerben, so Rantos in seiner Begründung. Der Generalanwalt nimmt weiter an, dass der Hersteller des Fahrzeugs dem Verbraucher durch die EG-Übereinstimmungsbescheinigung versichere, dass das erworbene Fahrzeug die Anforderungen des Unionsrechts erfüllt. Das Unionsrecht soll in diesem Fall nicht nur die Umwelt schützen, sondern auch die individuellen Rechte des Verbrauchers. Auch das sah der BGH in seiner Rechtsprechung bisher anders.
 

Verbraucher haben nicht nur Ansprüche gegen Daimler

Dr. Stoll & Sauer geht davon aus, dass der EuGH – wie in der Regel – den Schlussanträgen des Generalanwalts folgt. Damit müsste der BGH seine Rechtsprechung ändern. Der EuGH steht hierarchisch über dem BGH. Der Antrag wertet die Verbraucherkanzlei als sensationelle Wende in der juristischen Aufarbeitung des Diesel-Abgasskandals. Gerade in den Verfahren gegen Mercedes, Fiat und VW entsteht neue Dynamik. Dieselgate 2.0 ist bereits bei den Gerichten angekommen. VW beispielsweise soll als Software-Update zum Skandalmotor EA189 ein Thermofenster verwenden. Auch im Nachfolge-Modell EA 288 kommt es zum Einsatz. Daher rät die Kanzlei vom Abgasskandal betroffenen Verbrauchern, sich anwaltlich beraten zu lassen. Geschädigte müssen durch die Folgen und Auswirkungen des Abgasskandals mit enormen Geldeinbußen kämpfen: Ihnen drohen FahrverboteStilllegungen und Wertverluste, sofern sie die Ansprüche nicht rechtzeitig vor Gericht geltend machen. 

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